Am 1. August 1975 unterzeichneten in Helsinki 35 Staats- und Regierungschefs die Schlussakte der „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ – ein historischer Moment der Entspannungspolitik während des Kalten Krieges. Auch Bundeskanzler Helmut Schmidt saß damals am Tisch, gemeinsam mit Erich Honecker, US-Präsident Gerald Ford und vielen anderen. Heute – 50 Jahre später – blicken wir zurück auf ein Abkommen, das weit über die damaligen politischen Grenzen hinauswirkte und bis heute unsere europäische Friedensordnung prägt.
Die zehn Prinzipien der Schlussakte waren weitreichend: Gewaltverzicht, Achtung der territorialen Integrität, Nichteinmischung in innere Angelegenheiten und die Anerkennung der Menschenrechte – ein mutiger Schritt, insbesondere für die Staaten des Ostblocks, denen diese Prinzipien damals nicht selbstverständlich waren. Für viele Menschen in der DDR, in Polen oder der Tschechoslowakei bedeutete das Abkommen Hoffnung. Es gab der Opposition, den Bürgerrechtsbewegungen und den Freiheitsbestrebungen eine rechtliche und moralische Grundlage – selbst wenn sie noch lange unterdrückt wurden.
Helmut Schmidts Vermächtnis und die Verantwortung Europas
Als Sozialdemokrat bin ich besonders stolz darauf, dass mit Helmut Schmidt ein SPD-Kanzler in Helsinki an vorderster Front für Verständigung und Kooperation eintrat. Schmidt glaubte an die Kraft des Dialogs – ohne dabei Illusionen über das System der Gegenseite zu haben. Er wusste, dass Sicherheit in Europa nicht gegen, sondern nur mit dem Osten möglich ist. Diese Erkenntnis hat uns den Weg zur späteren deutschen Einheit und zur Erweiterung der Europäischen Union geebnet.
Heute – in einer Zeit, in der Russland erneut Grenzen in Europa mit Gewalt verschiebt und fundamentale Prinzipien des Völkerrechts verletzt – ist der Geist von Helsinki aktueller denn je. Die Schlussakte steht nicht für naive Annäherung, sondern für klare Prinzipien und gemeinschaftliche Verantwortung. Sie erinnert uns daran, dass Sicherheit, Demokratie und Menschenrechte untrennbar miteinander verbunden sind.
Ein Auftrag für die Zukunft
50 Jahre nach Helsinki dürfen wir das Erreichte nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Die europäische Friedensordnung steht unter Druck – nicht nur von außen, sondern auch von innen durch Nationalismus und Populismus. Es liegt an uns, diese Ordnung zu verteidigen und weiterzuentwickeln. Das bedeutet, Europa zu stärken, die OSZE (als Nachfolgeorganisation der KSZE) nicht zu schwächen und eine Außenpolitik zu betreiben, die Menschenrechte nicht der kurzfristigen Interessenpolitik opfert.
Gerade auch für uns in der SPD ist das Vermächtnis von Helsinki Verpflichtung: Für Diplomatie statt Konfrontation. Für Dialog ohne falsche Kompromisse. Und für eine Politik, die Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit in Europa verteidigt.
Die Schlussakte von Helsinki war kein Endpunkt – sie war ein Anfang. Lassen wir diesen Geist weiterleben.
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