Dennis Buchner erinnert sich an den 11. September 2001
Es ist ein sonniger Dienstagmorgen, kurz nach neun Uhr. Mit zwei Freunden verlasse ich das preisgünstige Kettenhotel an der Lombard Street. Wir sind auf Mietwagentour an der US-Westküste und haben gerade drei Tage in San Francisco verbracht. Auf dem weltberühmten Highway Nr. 1 wollen wir in den nächsten vier Tagen bis zum Rückflug an der Küste zurück nach Los Angeles fahren – vorher aber noch einen Abstecher in eine Outlet Mall. Es ist kurz vor zehn Uhr morgens, als wir am Flughafen von San Francisco vorbeifahren. ‘All Flights Cancelled’ und ‘God bless America’ nehmen wir mehr im Vorüberfahren wahr, ohne uns groß etwas zu denken. Es ist der 11. September 2001.
Mit denselben Freunden war ich exakt drei Jahre vorher an der ‘anderen Küste’ auf Tour. Am 11. September 1998 besuchten wir das World Trade Center, fotografierten von der Aussichtsplattform, genossen den Blick über Manhattan und den Hudson River.
Shopping Mall an der Westküste am 11. September 2001. Es herrscht kaum Betrieb. Wir wundern uns, denn obwohl die Geschäfte schon lange geöffnet sein müssten, bleiben viele Türen geschlossen. Oder sie sind offen, aber die Rollgitter versperren den Zugang. Weil uns unterschiedliche Läden interessieren, teilen wir uns auf. Es muss kurz vor elf sein, „Tommy Hilfiger“ hat geöffnet. Ich schaue mir die Auslagen an, dann fällt mir auf, dass im Radio kaum Musik läuft, stattdessen viele Wortbeiträge und ich beginne, genauer hinzuhören. Ein paar Minuten später kaufe ich an der Kasse ein blaues T-Shirt, so recht will ich nicht glauben was ich im Radio verstanden habe. Das Shirt habe ich noch heute, es ist zwei Nummern zu groß.
In der Mall treffe ich auf meine beiden Freunde. ‘Wenn ich es richtig verstanden habe, dann sind wohl Flugzeuge entführt worden. Eins ist ins Pentagon geflogen, zwei ins World Trade Center. Die Türme sind gerade nacheinander eingestürzt. Amerika wird von Terroristen angegriffen’, berichte ich. Dabei bin ich mir selbst nicht ganz so sicher, ob meine Englischkenntnisse mir gerade einen üblen Streich gespielt haben. Wir kommen zufällig an einem Fernsehgeschäft vorbei, die Geräte sind eingeschaltet, CNN zeigt Archivbilder und Livebilder. Auf den Textbändern läuft weiß auf rot durch, was passiert ist. Auch manche Gäste des Shoppingcenters erfahren in diesen Sekunden erstmals, was sich zwei Stunden zuvor in New York ereignet hat. Ratlosigkeit aber auch Angst greift um sich. Nicht auszuschließen, dass auch in San Francisco noch etwas passiert. Gerüchte kursieren, dass noch Flugzeuge in der Luft seien. Es folgen Ratschläge, sich nicht in Gebäuden aufzuhalten, in denen viele Menschen sind.
Wir fahren über die Mittagszeit weiter nach Monterey, eine hübsche Kleinstadt direkt am Pazifik. Auch hier bleiben die meisten Restaurants und Geschäfte geschlossen – dafür lange Schlangen an den Kirchen und an einigen öffentlichen Gebäuden, in denen Blutspenden gesammelt werden. Natürlich verbringen wir große Teile des Nachmittags und Abends vor dem Fernseher. Zwischendurch versuchen wir alle, unsere Eltern in Deutschland zu erreichen. Das Telefonnetz ist stark überlastet, am Ende schaffen wir es über E-Mails an Verwandte und Bekannte unsere Eltern zu informieren und die Botschaft nach Deutschland zu bekommen: Uns geht es gut.
Nicht nur der 11. September selbst ist mir in Erinnerung geblieben, auch die Folgetage bleiben. Natürlich ist die Leichtigkeit des Urlaubs dahin. Die Flughäfen bleiben geschlossen, es ist völlig unklar, ob wir am 15. mit nach Deutschland zurückfliegen können. Am Ende ist unser Flug einer der ersten, der wieder planmäßig geht. Wir fahren an der Küste noch weiter nach San Diego, dort kreisen Kampfjets über dem Meer und Kriegsschiffe werden an der Küste zusammen gezogen. Eine gespenstische Szenerie.
Der 11. September 2001 hat die Welt verändert und wohl auch das Leben jedes Einzelnen ein Stück weit geprägt. Dieser Tag gehört zu den Tagen, die man noch seinen Kindern und Enkeln minutiös nacherzählen kann.
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