Mit dem Ella-Kay-Bürgerpreis zeichnet die Pankower SPD seit 2010 in jedem Jahr Bürgerinnen und Bürger oder gesellschaftliche Gruppen unseres Bezirks aus, die sich in besonderer Art und Weise verdient machen um das Zusammenleben in Weißensee, Pankow und dem Prenzlauer Berg. Menschen, die sich für ein tolerantes Miteinander, eine offene Gesellschaft und soziale Gerechtigkeit einsetzen. Ella Kay ist als Stadtverordnete und Leiterin des Jugendamts im Prenzlauer Berg von den Nazis 1933 aus ihren Ämtern vertrieben worden. Sie wirkte im Untergrund weiter und wurde nach dem Krieg für kurze Zeit sozialdemokratische Bezirksbürgermeisterin im Prenzlauer Berg. Mit der Vergabe des Preises erinnern wir an ihr Wirken.
Wir leben in einer Zeit, in der gesellschaftliches Engagement besonders wichtig ist – und Mut macht. In diesem Jahr ist es uns ein besonderes Vergnügen, den Preis zweimal zu vergeben. Das zeigt, dass es mehr als ein Projekt gab, das wir in diesem Jahr auszeichnen wollten.
Im Tagesspiegel war gerade zu lesen, dass eine Berlinerin nun Unterschriften sammelt, damit die Aktion in der U2 beendet wird, dass dort Prominente die einzelnen Stationen ansagt. Reichlich Engagement – denn diese Aktion läuft ohnehin nur noch eine Woche. Aber für mich ein Beleg dafür, dass manche Menschen offenbar zu viel Zeit haben. Wünschenswert wäre es dagegen, wenn diese es so anlegen würden, wie unsere ersten Preisträger.
Seit elf Jahren bietet die Berliner Tafel in ganz Berlin unter dem Titel „Mit Laib und Seele“ Ausgabestellen für Lebensmittel an, die vor allem aus Bäckereien und Supermärkten gesammelt werden. Es handelt sich dabei um absolut verwertbare Lebensmittel, die aus verschiedenen Gründen sonst weggeworfen würden. Diese Lebensmittel sammelt die Aktion „Mit Laib und Seele“ und gibt sie an Bedürftige ab. Diese Lebensmittel sind für viele Menschen ohne oder mit kleinen Einkommen eine Ergänzung zu den Nahrungsmitteln, die sie sich selbst leisten könnten.
Für den Ortsteil Weißensee ist diese Lebensmittelausgabe von Anfang an in den Räumen der Evangelisch-freikirchlichen Gemeinde untergebracht. Ich war inzwischen mehrmals am Ausgabetag dort und es hört sich einfach an, dass Bedürftige dort einen Beutel mit Lebensmitteln erhalten. In Wahrheit gehört dazu eine unglaubliche Infrastruktur. Die Lebensmittel werden in den verschiedenen Märkten eingesammelt, in den Gemeinderäumen gelagert, sortiert und schließlich zur Ausgabe vorbereitet.
Geleistet wird diese Arbeit ausschließlich von Ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Und die Tatsache, dass die Arbeit vor allem tagsüber erledigt werden muss bedeutet, dass es sich vor allem um Rentnerinnen und Rentner handelt, die hier mitarbeiten.
Meine Damen und Herren, ich bin fast zwanzig Jahre politisch aktiv, ich habe unzählige Vereine und Einrichtungen besucht. Aber ich hatte niemals solchen Respekt vor der Leistung von Menschen, wie an jenem Sommertag 2011, als ich einen Ausgabetag in den Räumen der Gemeinde verbracht habe. Dort wuselten Menschen dies- und jenseits der 70, schleppten Kisten, sortierten Obst und Gemüse, räumten auf und gaben freundlich an die Bedürftigen aus. Vorne wurde Kaffee ausgeschenkt und es gab freundliche Gespräche, manchen Rat und nette Worte. Es war ein warmer Tag und viele der Helferinnen und Helfer mehr als am Rand der körperlichen Erschöpfung. Trotzdem kamen sie auch in der nächsten Woche wieder.
Armut hat, das lernen wir auch, viele Gesichter. Es sind Menschen, denen man es nicht auf den ersten Blick ansieht, dass eine Tüte voller Lebensmittel eine Hilfe ist, für Familien mit kleinen Kindern. Es kommen aber auch die, die durch das Netz der staatlichen Hilfe hindurchfallen, Obdachlose, Menschen mit Drogen- und Alkoholproblemen und in letzter Zeit auch vermehrt Flüchtlinge, denen geholfen wird.
Meine Damen und Herren, als Anerkennung für das erhebliche und vor allem auch bereits langjährige zivilgesellschaftliche Engagement geht der Ella-Kay-Bürgerpreis heute an die katholische Gemeinde Weißensee, die evangelische Gemeinde Weißensee und die evangelisch-freikirchliche Gemeinde Berlin-Weißensee, die seit 2004 gemeinsam die Lebensmittelausgabe der Berliner Tafel organisieren. Im Übrigen auch ein schönes Beispiel für gelebte Ökumene!
Ich finde es schön, dass viele von Ihnen heute unter uns sind und grüße besonders herzlich den früheren Pfarrer Dieter Malchow, den Initiator und langjährigen Leiter des Projekts.
Den Preis nehmen heute Abend stellvertretend entgegen:
Frau Christine Kehrt, Mitglied der katholischen Gemeinde und Frau Ulrike Wolff, Mitglied der evangelischen Gemeinde, die beide seit Jahren ehrenamtlich leiten. Und ich bitte Matthias Bock nach vorn, den Gemeindeleiter der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde, die ihre nun seit 11 Jahren zur Verfügung stellt.
Im Anschluss daran gab es die Übergabe und Fragen an die Preisträger.
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