Am 19. Juni 1990 wurde ein Stück europäische Geschichte geschrieben: Mit der Unterzeichnung des Schengener Durchführungsübereinkommens haben mehrere europäische Staaten beschlossen, die Grenzkontrollen zwischen sich Schritt für Schritt abzuschaffen. Für mich war das ein echter Durchbruch – ein großer Schritt in Richtung eines vereinten, offenen Europas.
Die Idee selbst entstand schon fünf Jahre früher: 1985 unterzeichneten fünf Länder – Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Deutschland und Frankreich – das ursprüngliche Schengener Abkommen. Ihr gemeinsames Ziel: Die Kontrollen an den Binnengrenzen abbauen und stattdessen eine gemeinsame Außengrenze schaffen. Ein mutiger Plan – und ein starkes Signal für ein Europa, das auf Vertrauen und Zusammenarbeit setzt.
Schengen bedeutet für mich vor allem eines: Freiheit. Die Freiheit, sich ohne Kontrollen durch Europa zu bewegen. Die Freiheit, andere Länder zu entdecken, Freundschaften zu pflegen, Familie zu besuchen oder einfach Urlaub zu machen – ganz selbstverständlich. Das war früher keine Selbstverständlichkeit.
Natürlich gehört zur Freiheit auch Sicherheit. Deshalb haben die Staaten damals auch klare Regeln vereinbart: für die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz, für gemeinsame Datenbanken, für ein verlässliches Miteinander. Denn nur wenn wir uns aufeinander verlassen können, funktioniert ein Raum ohne Grenzen.
Gerade deshalb stimmt es mich nachdenklich, dass Deutschland derzeit wieder Grenzkontrollen eingeführt hat – auch an den Grenzen zu unseren europäischen Partnern. Diese Maßnahmen mögen in bestimmten Situationen notwendig erscheinen, etwa zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität oder zum Schutz der öffentlichen Ordnung. Aber sie dürfen nicht zur neuen Normalität werden. Für mich ist klar: Grenzkontrollen dürfen nur die Ausnahme sein, nicht die Regel. Denn sie stehen dem Geist von Schengen entgegen – einem Geist des offenen, kooperativen und solidarischen Europas.
Gerade heute – in Zeiten, in denen Nationalismus und Abschottung wieder lauter werden – ist es wichtig, an dieses historische Abkommen zu erinnern. Schengen war und ist ein Symbol für Vertrauen, für Zusammenarbeit und für ein Europa, das mehr ist als die Summe seiner Einzelteile.
Ich bin überzeugt: Wenn wir weiter an einem Europa arbeiten wollen, das offen, solidarisch und stark ist, dann brauchen wir genau diesen Geist von Schengen – heute mehr denn je.
Bildquelle: DW (www.dw.com/de/schengen-eine-erfolgsgeschichte/a-44440847)
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