Am 29. Juli 2025 jährt sich der Todestag von Erich Kästner zum 51. Mal. Für mich ist dieser Tag Anlass, an einen der bedeutendsten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts zu erinnern – an einen Mann, dessen Werk weit über die Kinderzimmer dieser Republik hinaus Bedeutung hat. Kästner war nicht nur ein brillanter Erzähler, sondern ein wacher, politischer Geist, ein Humanist mit Haltung und ein entschiedener Gegner von Unterdrückung und Gewalt. Seine Bücher wie Emil und die Detektive, Pünktchen und Anton oder Das fliegende Klassenzimmer haben mich wie viele andere geprägt – sie erzählen von Gerechtigkeit, Freundschaft und Mut, ohne je belehrend zu sein.
Gerade weil er auch in dunklen Zeiten seiner Überzeugung treu blieb, verdient Kästner unsere besondere Anerkennung. Während viele seiner Kolleginnen und Kollegen emigrierten, entschied er sich, im nationalsozialistischen Deutschland zu bleiben – wohl wissend, was das bedeutete. Seine Bücher wurden verbrannt, seine Texte verboten, aber er verstummte nicht. Er schrieb weiter, unter anderem unter Pseudonym, und hielt mit seiner Sprache fest, was uns allen erhalten bleiben sollte: Menschlichkeit, Aufrichtigkeit und die Kraft des Wortes.
Ich empfinde tiefen Respekt für diese Konsequenz – und für den Mut, den es gebraucht hat, in einer Zeit der Angst ein unabhängiger Geist zu bleiben. Erich Kästner war nicht nur ein Autor, er war ein politischer Mensch. Einer, der die Dinge beim Namen nannte, der Kindern zutraute, die Welt zu verstehen, und Erwachsenen zumutete, über sie nachzudenken.
Berlin hat mit Kästner eine besondere Verbindung. Er lebte lange in unserer Stadt – in Charlottenburg, in Wilmersdorf – und auch wenn er später nach München zog, ist sein Geist hier bis heute spürbar. In unseren Schulen, auf Gedenktafeln, in Bibliotheken. Zahlreiche Bildungseinrichtungen tragen seinen Namen. Ich finde: Das verpflichtet. Kästners Haltung ist aktueller denn je. In Zeiten von Hass und Polarisierung, in denen demokratische Grundwerte infrage gestellt werden, erinnert uns sein Werk daran, wie wichtig es ist, Haltung zu zeigen – freundlich, klar und ohne Pathos.
Ich lade alle Berlinerinnen und Berliner ein, sich am 29. Juli an Erich Kästner zu erinnern. Lesen Sie ein Gedicht. Schlagen Sie eines seiner Bücher auf. Sprechen Sie mit Ihren Kindern über die Figuren, die er geschaffen hat – sie sind mutiger, klüger und menschlicher, als es viele Erwachsene je sein werden. Und genau das ist es, was Kästners Literatur so besonders macht: Sie nimmt Kinder ernst, sie traut ihnen etwas zu – und sie stellt nie in Frage, dass die Welt besser werden kann.
Für mich bleibt Erich Kästner ein Vorbild: als Demokrat, als Autor und als Mensch. Sein Todestag ist kein Tag der Trauer – sondern der Erinnerung daran, wie Literatur Gesellschaft prägen kann. Und wie wichtig es ist, der Welt mit wachem Blick, aber niemals ohne Herz zu begegnen.
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