Rundgang über den Jüdischen Friedhof in Weißensee

Unter dem Titel “Im Himmel unter der Erde – Der jüdische Friedhof Weißensee” hatte ich zum gestrigen Sonntag zu einem Rundgang über den jüdischen Friedhof eingeladen.

Ein Rundgang über den Friedhof mit viel Geschichte, den Geschichten hinter den Grabstätten berühmter Berlinerinnen und Berliner und einen Einblick in eine ruhige Oase im geschäftigen Weißensee, genau das stand auf dem Programm. Anja Pick, Mitglied im Vorstand des Fördervereins Jüdischer Friedhof Weißensee, führte uns durch das große Areal des Friedhofes.

Der von Hugo Licht entworfene Friedhof wurde 1880 eröffnet und ist einer der größten jüdischen Friedhöfe Europas. Immerhin umfasst der Friedhof 43 Hektar Grundstücksfläche, auf denen mittlerweile über 115.000 Menschen ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Anders als bei christlich geprägten Friedhöfen werden die Toten auf einem jüdischen Friedhof für die Ewigkeit begraben. Aus diesem Grund wird ein jüdischer Friedhof  auch als Ort der Ewigkeit bezeichnet.

Voller Begeisterung für manch einen Verstorbenen erzählte uns Anja Pick viele Anekdoten und Geschichten an deren letzte Ruhestätte. Beeindruckend waren nicht nur die vielen unterschiedlichen Grabstätten, sondern auch die Flora und Fauna, die auch viele Spaziergänger einlädt. In vielen Bereichen des Friedhofs war es – trotz der gestrigen Hitze in Berlin – gerade durch den Wildwuchs angenehm kühl.

An dieser Stelle möchte ich mich auf eine Persönlichkeit, für den ein Ehrengrab errichtet wurde, beschränken:

Herbert Baum, geboren am 10. Februar 1912 in Moschin (Provinz Posen) und am 11. Juni 1942 in Berlin verstorben, war ein deutsch-jüdischer Widerstandskämpfer. In den ersten Jahren des nationalsozialistischen Regimes formierte sich um ihn, seine Ehefrau Marianne Baum und das befreundete Paar Martin und Sala Kochmann eine lose Gemeinschaft Gleichgesinnter. Die vier verband nicht nur eine enge persönliche Beziehung seit ihrer Schulzeit, sondern auch das gemeinsame politische Interesse. Sie begannen, junge Menschen zu sammeln – vor allem solche mit jüdischem Hintergrund und einer Verankerung in linken Bewegungen, seien es kommunistische, sozialistische oder zionistische Strömungen.

Aus diesem Kreis entwickelte sich nach und nach eine Gruppierung, die später unter dem Namen „Herbert-Baum-Gruppe“ bekannt wurde. Bis zu hundert junge Menschen gehörten zeitweise dazu. Innerhalb des Kreises wurde viel diskutiert, reflektiert, auch künstlerisch gearbeitet – nach außen hin aber suchte man zunehmend den Widerstand: vor allem durch das heimliche Verbreiten regimekritischer Flugblätter.

Ab 1941 verschob sich der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten. Angesichts der zunehmenden Bedrohung jüdischen Lebens lag der Fokus nun verstärkt auf praktischer Hilfe: Sie unterstützten Zwangsarbeiter jüdischer Herkunft und halfen Menschen beim Untertauchen – oft in letzter Minute, um sie der Deportation zu entziehen.

Auf der Rückseite von Baums Grabstein sind 28 Mitglieder der Gruppe als Opfer aufgelistet, die zwischen 1942 und 1943 ermordet wurden.

Es war ein interessanter Nachmittag für alle. Vielen Dank an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei diesem Rundgang über den Jüdischen Friedhof in Weißensee.

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Nächster Termin im September 2025

Wer den gestrigen Termin verpasst hat, erhält nochmal am Sonntag, dem 7. September 2025, um 14 Uhr die Gelegenheit, mit mir an diesem spannenden Rundgang teilzunehmen. Um Anmeldung wird gebeten, da der Termin erfahrungsgemäß schnell ausgebucht sein wird.

   

 

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