Am kommenden Samstag werde ich Klaus Wowereit in einer Sondersitzung des Berliner Abgeordnetenhauses mein Vertrauen aussprechen. Nach der Berliner Verfassung ist übrigens – im Unterschied zu Brandenburg – nur ein von der Opposition beantragten „Misstrauensvotum“ möglich, nicht aber eine selbst angesetzte Vertrauensfrage, wie sie Ministerpräsident Platzeck stellen wird.
Was am Flughafen BER passiert, halte ich für ein Debakel, welches seinen Ursprung übrigens lange bevor Klaus Wowereit überhaupt dem Parlament angehörte, hatte. Wenn in SPIEGEL ONLINE also der Satz „Er wollte sich mit dem Großflughafen ein Denkmal setzen“ steht, dann ist das schlecht recherchierter Schmierenjournalismus.
Die Verantwortung für dieses Debakel tragen die Geschäftsführung des Flughafens und die am Bau beteiligten Planer und Baufirmen.
Klaus Wowereit vertritt im Aufsichtsrat des Flughafens nicht weniger als alle Berlinerinnen und Berliner. Er gehört diesem Aufsichtsrat weder an, weil er damit Geld verdienen kann, noch weil ihm diese Aufgabe so viel Spaß macht. Er nimmt für uns alle diese Verantwortung war, weil dieser Flughafen dem Land Berlin zu 37% gehört. Aus demselben Grund sitzen im Aufsichtsrat auf Vorschlag des Landes Berlin noch drei weitere Personen und auf Vorschlag des Landes Brandenburg (ebenfalls zu 37% Anteilseigner) Ministerpräsident Platzeck und drei weitere Vertreter. Der Bund hält am Flughafen, der also ein rein öffentliches Unternehmen ist, 26%. Der Bundesverkehrsminister hat zwei seiner Staatssekretäre für den Aufsichtsrat entsandt. Neben diesen zehn politischen Vertretern für die sogenannte Arbeitgeberseite gehören ihm weitere fünf Arbeitnehmervertreter an.
Klaus Wowereit wäre völlig zu Recht in der Rolle des Buhmanns, wenn er im Aufsichtsrat die Rolle eines Alleinunterhalters gehabt hätte, der stets gegen den Strich gebürstet und die Einwände und Beiträge der 14 anderen Mitglieder ignoriert hätte. Tatsache ist aber: Der gesamte Aufsichtsrat ist von der Geschäftsführung des Flughafens mehrfach belogen und getäuscht worden. Dies hat das Gremium nicht durchschaut, aber eben auch nicht die sonstigen Politiker, ob sie nun der Berliner oder Brandenburger CDU oder der Berliner und Brandenburger Linken angehörten. Dass ausgerechnet Frau Künast, die sich jetzt als Richterin aufspielt, allen Täuschungen widerstanden hätte, glaubt wohl nicht einmal sie selbst.
Die Konsequenz aus dieser Situation muss eine ganz andere sein, als jetzt den Regierenden Bürgermeister zu opfern. Wer ein Aufsichtsratsmandat wahrnimmt, der muss auch in die Lage versetzt werden, echte Aufsicht auszuüben. Dazu würde aus meiner Sicht gehören, dass ein Teil der Aufsichtsräte dies in Vollzeit ausübt, mit einem Büro auf der Baustelle ausgestattet wird und die Möglichkeit hat, externen Sachverstand einzusetzen. Ansonsten ist ein Aufsichtsrat auf Gedeih und in diesem Fall Verderb den Ausführungen und Erläuterungen der Geschäftsführung ausgeliefert.
Klaus Wowereit mag als Aufsichtsrat – wie der komplette Rest des Gremiums – versagt haben. Mit dem Misstrauensantrag muss aber bewertet werden, ob er als Regierender Bürgermeister versagt hat. Und dafür gibt es kaum einen Anhaltspunkt. Vergleicht man die wirtschaftlichen Kennzahlen von 2001 mit denen von heute, sieht man, dass Berlin wirtschaftlich und finanziell besser da steht. Wie übrigens auch sämtlich Berliner Medien noch im Oktober 2012 anlässlich der Bilanz “ein Jahr rot-schwarz” noch festgestellt haben.
Es mag ein bisschen makaber sein, aber eine Zahl lässt sich besonders gut heranziehen, wenn man den Erfolg von elf Jahren Wowereit erkennbar machen will. 2001 hatten die Berliner Flughäfen insgesamt 11 Millionen Passagiere, 2012 waren es mehr als 25 Millionen Fluggäste. Diese Zahl zeigt deutlich den Boom, den Berlin erlebt hat, weil Klaus Wowereit und seine Regierungen die Weichen richtig gestellt haben – mit einem klaren Schwerpunkt auf Kultur, Wissenschaft und Bildung.
Und deswegen will ich, dass diese Arbeit fortgesetzt wird. Und so werde ich abstimmen.
2 Antworten
Frank
Hallo Dennis,
ich finde es gut, dass Du hier mit offenem Visier Deine Position begründest.
Deine Gründe kann ich aber nicht nachvollziehen.
Du leitest Klaus Wowereit Unschuld daraus ab, dass er -wie die anderen AR-Mitglieder- ja nichts gemacht hat und darauf angewiesen ist, dass die GF ihm wahrheitsgemäß und auf dem Servierteller berichtet, wie das Geschäft läuft.
Natürlich versagt bei einem Desaster solchen Ausmaßes zuerst die Geschäftsführung. Aber ein AR, der nicht weiß, wie er diese abfragt, Aussagen absichert und anschließend entgegen hält, der ist für diese Aufgabe ungeeignet. Da Wowereit aber die Interessen aller Steuern zahlenden Berlinerinnen und Berliner wahrnimmt, muss er das selbst merken und für einen qualifzierteren Ersatz seiner Person sorgen. Er hat den AR nur “geerbt”, das stimmt. Aber überleg mal, wie lange er gebraucht hat, um zu erkennen, dass er für die Ausübung des AR Mandars ungeeignet ist.
Dafür hätte er sich zunächst mal dafür interessieren müssen. Immerhin, das scheint er jetzt zu tun.
Grüße aus Kreuzberg,
Frank
dennisbuchner
Hallo Frank, tatsächlich muss eine Konsequenz sein, dass der Aufsichtsrat bei einem solchem Projekt tatsächlich stärker befähigt wird, in solche Projekte Einblick zu nehmen, in dem er etwa Experten anstellen kann, die dann auch mit einem Büro auf der Baustelle vertreten sind und ins Tagesgeschäft eingebunden werden. Ansonsten ist die Abhängigkeit von der Geschäftsführung, die den AR ca. 4 bis 6-mal jährlich im Rahmen von Aufsichtsratssitzungen informiert, zu groß.