Rede beim Kreisparteitag der Pankower SPD

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Am Freitag, den 25. September hat mich die Pankower SPD gemeinsam mit Bezirkstadträtin Rona Tietje an ihre Spitze gewählt.
Über das Vertrauen der Delegierten freue ich mich.

Mir war es wichtig, in meiner Rede auch ein paar Worte zur Lage in der SPD und zu den Herausforderungen der nächsten Monate zu sagen.
Da nicht alle Interessierten dabei sein konnten, hier die Rede im Wortlaut:

 

Liebe Genossinnen und Genossen,

zu Beginn meiner Rede möchte ich Danke sagen. Anfang des Jahres habe ich mich mit Birte in einem Café getroffen und wir haben lange geredet. Und eigentlich haben wir festgestellt, dass so ziemlich alles in der SPD mehr Spaß macht, als Montags um 7.30 Uhr im Kreisbüro sitzen und auch der Kreisvorstand kostet keine Vergnügungssteuer. Das Gespräch drehte sich darum, entweder aufzuhören oder gemeinsam an der Spitze einen Neustart zu versuchen. Nach zwei Stunden sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir gemeinsam dafür sorgen wollen, dass die Parteiarbeit wieder mehr Spaß macht.

Dann kam Corona und wir haben weiter zusammen Pläne gemacht und uns dem Wettbewerb gestellt. Das hat, bei allem Aufwand, auch viel Spaß gemacht und dafür, liebe Birte, ein ganz herzliches Dankeschön an Dich.

Und trotzdem sind wir dann auch Ende Juni gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass noch drei weitere Monate innerparteilicher Wettstreit nicht gut sind. Und so haben wir den Anlauf zu einer gemeinsamen Team-Lösung gemacht. Diese ist heute möglich, weil nicht nur Birte ihren, sondern auch Rolf seinen Führungsanspruch zurückgestellt hat. Ich weiß, dass das nicht einfach gefallen ist, deshalb Rolf, auch an Dich Dank und Anerkennung!

Und es war auch Sinn der Sache, dass wir diese gut zwei Monate seitdem genutzt haben, unsere Arbeit schon etwas strukturiert, Ideen und Schwerpunkte gesammelt haben. Das hilft uns, jetzt schneller einzusteigen.

Denn: Voraussichtlich morgen in einem Jahr werden wir irgendwo zusammen sein und auf die Ergebnisse der Wahlen warten: für den Bundestag, für das Abgeordnetenhaus und für die BVV. Und für mich ist völlig klar: Wir werden alles dafür tun, diese Wahlen gemeinsam zu gewinnen! Und das ist genau der Grund, warum ich mich hier darum bewerbe, Teil der Doppelspitze zu werden: ich glaube, dass ich mit dem, was ich weiß und was ich kann, dabei helfen kann.

Ich will, dass wir die SPD rausholen aus der Rolle, die wir seit inzwischen 15 Jahren einnehmen:

Verzagt, ein wenig altbacken, nicht an sich selbst glaubend, mit ihrem Personal ringend, häufig lieber Schuldige als Lösungen suchend.

Vor 30 Jahren war das ganz anders: da haben sich Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee aufgemacht und den Laden neu gegründet. Junge und Alte, Frauen und Männer, Menschen aus völlig unterschiedlichen Berufen. Die gingen erst 1989 für die Freiheit auf die Straße. Und kein ganzes Jahr später standen sie für die SPD auf der Straße. Und das mit Erfolg, 30, 35, fast vierzig Prozent holte die SPD bei den Kommunalwahlen im März 1990. Wir stellten Bürgermeister, Stadträtinnen und Stadträte, zahlreiche Bezirksverordnete und natürlich auch Abgeordnete und Bundestagsabgeordnete.

Die SPD war da. Und sie blieb.

Es sind unsere Genossinnen und Genossen, die die Bezirksämter aufgebaut und die Bezirke geführt haben.

Die von Anfang an den Kontakt in die Kirchen, die Vereine, Verbände, Initiativen hatten, die Gewerkschaften und die AWO wiederbelebt haben, die sich Interessen angehört haben und die politische Entscheidungen getroffen haben. In guten, in schwierigen und in herausfordernden Zeiten.

Warum sagen wir nicht selbstbewusst, dass das bis heute so geblieben ist! Denn es ist so geblieben: wer in unserem Bezirk Ansprechpartner sucht, wer seine Umgebung gestalten will, wer sich politisch einmischen will, der kommt an der SPD nicht vorbei.

Sagen wir doch mal selbstbewusst, dass es kein Zufall ist, dass wir mit 2100 Mitgliedern mit weitem Abstand die meisten Parteimitglieder in Pankow haben. Dass wir hier vernetzt sind, unsere Kinder in die Kitas und Schulen gehen, wir Sportplätze, Parks und Spielplätze nutzen, die Schwimmhallen und Wochenmärkte kennen, dass wir in vollen Bahnen fahren,  Parkplätze suchen, auf einen Termin im Bürgeramt warten, durch Bars und Kneipen ziehen, im Kleingarten sitzen – kurzum MITTEN IM LEBEN stehen. Dass es auch Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind, die in den Vorständen von Bürger- und Sportvereinen mitwirken, die in Elternausschüssen sitzen, die Bündnisse wie die „Pankower Frauen gegen Rechts“ mit initiiert haben, die für das Colosseum oder für das Geburtshaus Maja demonstrieren, vor allem aber immer wieder gegen das braune Pack!

Warum sagen wir nicht viel selbstbewusster, dass wir gern Mitglied der SPD sind, dass es Spaß macht, gemeinsam etwas voran zu bringen, dass ehrenamtliches Engagement in einer demokratischen Partei wichtig ist – und das wir schon seit 157 Jahren das Bollwerk gegen Nazis sind?

Nein, in den letzten Jahren hat man vielfach den Eindruck, dass unsere Grundwerte nicht mehr Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind, sondern MECKERN, MOSERN, FERTIGMACHEN. Ich habe keinen Bock mehr auf eine SPD, die sich ständig selbst in die Ecke stellt, jeden ihrer politischen Erfolge kleinredet und gegen jede und jeden schießt, der noch masochistisch genug ist, den Kopf für den Laden hinzuhalten.

Jeder von uns kennt die Umfragewerte, kennt die Häme der Medien, kennt die mitleidigen Blicke von Freunden und Familie, wenn man von der SPD erzählt.

Ich will Euch aber sagen: uns wird da keiner rausholen! Wie heißt es so schön in der Internationalen: Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun!
Entweder wir stehen jetzt auf und holen uns selbst aus der Scheiße oder wir gehen unter.

Und ich finde, wir sollten aufstehen:

  • Lasst uns die kommenden 12 Monaten dafür nutzen, eine moderne, eine selbstbewusste, eine ehrliche und eine mutige Kampagne zu entwickeln, mit der wir Wahlen gewinnen!
  • Lasst uns rauskommen aus der Opferrolle, und mutig, selbstbewusst und auf Augenhöhe mit unseren Nachbarinnen und Nachbarn kommunizieren!
  • Lasst uns die motivieren, die in unseren Mitgliederlisten stehen, mitzumachen und sich mit uns gemeinsam in diesen Wahlkampf zu stürzen.
  • Lasst uns solidarisch die unterstützen, die mit vollem Einsatz für uns in den Kampf ziehen.
    Olaf Scholz im Bund. Franziska Giffey im Land. Rona Tietje im Bezirk. Und glaubt mir, damit sind wir gut aufgestellt!

Und bitte: Lasst uns ein Jahr lang mal die Zähne zusammenbeißen, wenn wir etwas an der SPD nicht gut finden. Nein: Das muss weder Facebook, noch Twitter oder Instagram wissen.

Aber ich finde vor allem eins:

  • Lasst uns aufhören, irgendeinem Zeitgeist hinterher zu laufen und aus der SPD die grüneren Grünen oder die linkeren Linken zu machen.Lasst uns die Partei sein, die Politik für die vielen macht:
  • Für die Vielen, die jeden Tag arbeiten gehen und anständig bezahlte und sichere Arbeitsplätze haben wollen,
  • Für die Vielen, die einen guten ÖPNV nutzen wollen und vielleicht trotzdem auch mal mit dem eigenen Auto fahren,
  • Für die Vielen, die sich wohler fühlen, wenn ein Park sauber ist, im Gehweg kein Loch, wenn Straßenlaternen funktionieren, wenn Polizei zu sehen ist,
  • Für die Vielen, die für Ihre Kinder den besten Schul- und Kitaplatz haben wollen.
  • Für die Vielen, für die Menschen zählen und nicht deren Hautfarbe, Religion, sexuelle Orientierung, nicht ihr Einkommen und ihre Herkunft.

Ich finde, für die lohnt es sich zu kämpfen.

Und ich finde, im Bezirk sieht man ganz deutlich, warum wir den Kampf führen sollten und vor allem die Grünen nicht nur im Roten Rathaus verhindern müssen. Parks sind für die für Tiere, nicht für Menschen. Das Karaoke im Mauerpark: fast vernichtet. Zahlreiche Ortsteilfeste: tatsächlich vernichtet. Kino Colosseum: Kahlschlag nicht bemerkt. Über Radwege: viel geredet, wenig gebaut. Bauen: gerne da, wo keine Grünen wohnen. Möglichst viel verhindern, wo die eigenen Leute wohnen. Kleingärten: für die Grünen Spießerland. Moderne U-Bahnen: werden blockiert. Und ich habe auch keine Lust mehr, den armen Vollrad Kuhn alle paar Wochen als überfordert darzustellen. Der setzt schlicht um, was den Grünen passt und nicht um, was den Grünen nicht passt.

Und zum Thema noch ein Wort: wenn die Grünen einem Tagesspiegel-Journalisten das Märchen erzählen, dass die SPD in der BVV einen Antrag mit Hilfe der AfD durchgebracht hätte, denn ist das eine Frechheit. Es ist übrigens auch eine journalistische Fehlleistung, wenn sowas ohne Recherche und Beleg übernommen wird, auch vom rbb, der das ungeprüft übernommen hat. Gut, dass es eine namentliche Abstimmung war und das Ergebnis hervorragend dokumentiert ist.

Die SPD paktiert nicht mit Rechtspopulisten. Die SPD stellt sich im Gegenteil auf jeder Demo, auch in diesem Bezirk, gegen Nazis. Auch in Ortsteilen, die so weit außerhalb des S-Bahnrings liegen, dass da noch nie ein Grüner hingekommen ist.

Wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir eine Klarstellung der Grünen erwarten. Was wir bisher bekommen haben, ist nicht mal eine Mini-Klarstellung. Und deswegen sage ich auch ganz deutlich: wenn die Grünen nicht mal eine Richtigstellung auf ihrer Homepage hinbekommen, dann sehe ich nicht, wie wir dieses letzte Jahr vernünftig weiter zusammenarbeiten sollen.

Trotzdem will ich zum Schluss sagen, dass ich ganz klar ein Anhänger von progressiven Bündnissen bin. Das funktioniert aber nur dann, wenn sich Parteien unterscheiden, wenn sie sich gegenseitig Erfolge gönnen und man menschlich gut zusammenarbeitet.

Liebe Genossinnen und Genossen,

ein Jahr bis zur Wahl.

Ich sage hier ganz klar: mein Schwerpunkt wird in dieser Kampagne, in diesem Wahlkampf liegen und ich würde mich freuen, wenn wir gemeinsam eine starke, eine selbstbewusste, eine mutige Pankower SPD aufstellen und zum Wahlsieg führen.

Ich freue mich auf die Arbeit im Team mit Rona, mit Annette, Birte und Rolf, mit Karo und Björn, mit den Beisitzerinnen und Beisitzern, mit den Abteilungen und Arbeitsgemeinschaften – aber auch mit allen, die sich außerhalb von Hierarchien einbringen wollen. Wir werden nur zusammen stark sein.

Wir alle sind SPD und wir brauchen keine Besserwisser, sondern Bessermacher! Und deswegen gilt: wir können es uns nicht leisten, auch nur eine Genossin oder einen Genossen zu verlieren, der oder die Lust hat, sich einzubringen, mitzumachen, auch Zeit für die Partei zu investieren. Und deshalb liegt eine ganze Menge Verantwortung bei uns allen hier in diesem Raum, die wir uns stark einbringen: wir brauchen lebendige Abteilungen und Arbeitsgemeinschaften, die alle mitnehmen. Wir brauchen Kandidatinnen und Kandidaten, die agile Teams organisieren und vor allem brauchen wir eine Kultur des Umgangs miteinander, in der Spaß und Anerkennung im Vordergrund stehen! Wer nicht lächeln kann, soll keinen Laden aufmachen, heißt es so schön.

Lasst uns lächeln, damit unser Laden wieder läuft!
Glück Auf!

 

 

2 Antworten

  1. Rainer Hässelbarth
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    Tolle Rede. Nun muss das in Aktionen umgesetzt werden !

  2. Arnd Mosig
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    Gute Rede!
    Leider ging im Wahlkreisbüro zur Bürozeit heute niemand an´s Telefon.
    Man konnte auch keine Nachricht hinterlassen.

    Nach Ausfüllen der Kontakt-Maske-Eingabemaske von Frau Tietje und absenden kam keine Eingangsbestätigung zurück.
    Auf eine hinterhergeschickte E-Mail folgte eine mehrtätige Abwesenheitsnotiz.

    Wahlen gewinnt man nicht, wenn man für potentielle Wähler nicht erreichbar ist!

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