Was bewegt Sport-Berlin? Ein neues Stadion für Hertha BSC.

Vor etwa anderthalb Jahren trat Hertha BSC erstmals an die Berliner Politik heran und äußerte den Wunsch, nach Auslaufen des Vertrages mit dem Berliner Olympiastadion im Jahr 2025 in eine eigene Fußball-Arena umzuziehen und in einem engeren, steileren und lauteren Stadion mit einer Platzkapazität von nur noch 50.000 – 55.000 Plätzen zu spielen. Dabei hat Hertha BSC deutlich gemacht, dass ein neues Hertha-Stadion die Steuerzahler in Berlin nichts kosten soll.

Hertha selbst hat in einer Machbarkeitsstudie über 50 mögliche Standorte in Berlin geprüft. Der Berliner Politik wurden davon nur zwei vorgestellt. Der eine im Olympiapark in unmittelbarer Entfernung zum Olympiastadion, der andere vor den Toren der Stadt in einem Gewerbegebiet in Ludwigsfelde.

Seitdem wurde in Absprache mit Hertha BSC auch geprüft, ob ein Umbau des Olympiastadions möglich wäre. Diese Variante ist verworfen, weil sie bis zu 200 Millionen Euro kosten würde, man künftig auf die Laufbahn – und damit die Leichtathletik – verzichten müsste und ein wesentliches Ziel von Hertha, nämlich die Zuschauerkapazität zu senken, nicht erreicht würde.

Was sind heute die wesentlichen Fragen für die Politik?

Ein weiteres Stadion im Olympiagelände wirft viele Fragen auf, die zu klären wären, aber aus heutiger Sicht klärbar erscheinen: das sind Fragen in Sachen Denkmalschutz, Naturschutz und bei der verkehrlichen Anbindung.

Schwieriger ist die Frage, was mit dem Berliner Olympiastadion geschieht, wenn ein weiteres Stadion daneben steht. Das Olympiagelände besteht heute aus drei großen Veranstaltungsstätten, nämlich dem Olympiastadion, dem Maifeld und der Waldbühne. Durch die angrenzende Wohnbebauung sind pro Jahr maximal 18 bis 23 lärmintensive Veranstaltungen am Abend oder an Sonntagen genehmigungsfähig. Hertha BSC nutzt davon etwa acht Stück im Jahr. Mit einer weiteren Spielstätte im Olympiagelände steigt nicht die Anzahl möglicher Veranstaltungen.

Aber nicht nur deshalb wird eine weitere Nutzung des Olympiastadions schwierig: da es nicht denkbar ist, dass gleichzeitig ein Spiel von Hertha BSC und etwa ein Konzert von Helene Fischer im Gelände stattfindet, wäre das Olympiastadion – wie heute auch – bei der Planung von Veranstaltungen immer an die oft sehr kurzfristige Planung von Hertha gebunden. Hertha BSC sorgt heute etwa für die Hälfte der Umsätze des Berliner Olympiastadions. Klar ist heute, dass ein Stadion neben dem Stadion das Olympiastadion künftig sehr viel schwieriger verwertbar macht, als es wäre, wenn Hertha BSC zwar auszieht, aber an irgendeiner anderen Stelle spielt.

Von den rund 55 Hektar, die ein neues Hertha-Stadion im Olympiagelände in Anspruch nehmen würde, müsste das Land Berlin den Großteil zur Verfügung stellen und dafür Sportflächen entwidmen, die an anderer Stelle neu geschaffen werden müssen. Einen Teil des Geländes nutzt dabei die Sportjugend mit ihrer Bildungsstätte mit großem Grundstück und rund 80 Gästezimmern. Bis heute kann die Frage nicht beantwortet werden, welchen Wert dieses Gebäude hat und wo es in der näheren Umgebung neu gebaut werden könnte. Sicher ist, dass diese Kosten von Hertha BSC zu tragen wären.

Ein weiterer Teil des Grundstücks gehört der Wohnungsbaugenossenschaft 1892, die dort 24 große Wohnungen in sechs Häusern mit über 100 Bewohnerinnen und Bewohnern besitzt. Klar ist, dass eine Hertha-Arena auf diesem Gelände nicht denkbar ist, ohne dass ein Ersatzstandort gefunden wird, mit dem die Nutzerinnen und Nutzer der Wohnungen gut leben können, weil er in ähnlicher Lage und mit ähnlichen Voraussetzungen (Verkehrsanbindung etc.) entsteht. Fakt ist: Hertha BSC hat bislang zwar ein Gespräch mit der Genossenschaft geführt, nicht aber das Gespräch mit den Mieterinnen und Mietern gesucht. Klar ist auch: Ersatzbauten und Grundstück müssen voll von Hertha BSC getragen werden.

Auch die Frage nach dem Grundstückswert kann im Moment nicht beantwortet werden. Hertha BSC bezieht sich auf die Bodenrichtwerte, nach denen das Gelände, Sportfläche und Waldgebiet, Sonderfläche ist, die zwischen 20 und 50 Euro pro Quadratmeter Wert ist. Tatsache ist jedoch, dass mit einem Baurecht für eine kommerzielle Fußballarena von einem ganz anderen Grundstückswert auszugehen ist.

Fakt ist: Ohne den Wert des Grundstücks zu kennen, ohne eine Lösung für die Sportjugend und ohne eine Lösung für die Bewohnerinnen und Bewohner in der Sportforumstraße ist eine politische Zustimmung für eine Hertha-Arena im Olympiapark nicht denkbar. Diese Fragen müssen der Senat und Hertha BSC klären, damit überhaupt weiter diskutiert werden kann und den Abgeordneten eine Entscheidungsgrundlage vorgelegt werden kann.

Erst im zweiten Schritt ist dann politisch zu bewerten, ob eine kommerzielle Verwertbarkeit des Olympiastadions durch eine Hertha-Arena im Gelände unzumutbar eingeschränkt würde.

Etwas desillusioniert haben mich die Aussagen von Hertha BSC in der vergangenen Ausschusssitzung, dass man zwar das Stadion allein finanzieren würde, nicht aber notwendige verkehrliche Änderungen, etwa die Verlegung der Rominter Allee oder der Hanns-Braun-Straße. Das Versprechen, ein neues Hertha-Stadion werde den Steuerzahler nichts kosten, wird also an dieser Stelle nicht eingehalten.

Gerade als Fußball-Fan, der dem Gedanken eines reinen Fußballstadions durchaus viel abgewinnen kann, rate ich daher dringend an, neben dem Olympiagelände zu schauen, ob es nicht doch denkbare andere Standorte in Berlin geben könnte.

Was sind wichtigen Fragen für die Hertha-Fans?

Als Fußball-Fan bewegen mich zwei weitere Fragen. Das eine sind die Auswirkungen auf die Kartenpreise. Hertha hat heute einen Zuschauerschnitt von etwa 48.000, will künftig auf eine kleinere Arena setzen und besteht zudem auch darauf, die großen – heute mit rd. 75.000 Zuschauern komplett oder nahezu – ausverkauften Spiele dort durchzuführen. Unschwer ist zu erkennen, dass eine Verknappung des Angebots auch zu anderen Ticketpreisen führen wird.

Die zweite Frage betrifft die Finanzierung des Stadions. Klar ist, dass die Politik eine Fertigstellungsgarantie braucht, damit nicht die öffentliche Hand im Fall einer Insolvenz ein Stadion weiterbauen – oder im schlimmsten Fall sogar rückbauen muss. Die Frage, mit welchen Investoren Hertha BSC ein Projekt, das am Ende ein Volumen von rund 400 Millionen Euro haben könnte, finanzieren will, beantwortet der Verein der Politik bisher nicht. Ob man sich vor den eigenen Fans und Mitgliedern damit durchsetzt, nicht zu verraten, wem das Stadion dann faktisch über viele Jahre lang gehören wird, wage ich zu bezweifeln, zumal die Hertha-Mitglieder durchaus als kritisch bekannt sind.

 

Insofern: Viele Fragen offen. Die meisten muss Hertha BSC beantworten, bei einigen ist der Senat gefordert. Bei anderen kann ich die Fans und Mitglieder von Hertha nur auffordern, sie zu stellen.

 

Bis bald,

Euer und Ihr Dennis Buchner

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